
„Man lernt nie aus“, lautet ein Sprichwort. Und in der Tat: Wer beruflich dauerhaft erfolgreich sein will, kann auf lebenslanges Lernen nicht verzichten. Schön, wenn sich Unternehmen und Mitarbeitende gemeinsam überlegen, was als Nächstes auf dem Lehrplan steht.
„Der Alltag verändert sich durch die Digitalisierung rasant“, sagt Mirco Fretter, Präsident des Forum DistanceE-Learning. „,Einmal gelernt und das Wissen dann bis zur Rente angewendet‘ ist also ein Modell, das heute gar nicht mehr existiert. Deshalb mein Tipp: sich im Job so früh wie möglich um Weiter- und Fortbildungen kümmern.“ Fretter weiß, wovon er spricht. Er ist seit mehr als 20 Jahren im Weiterbildungsgeschäft tätig – zunächst in der Erwachsenenbildung, parallel zum Sportstudium an der Universität Passau. Dann an einer Düsseldorfer Hochschule für Fernstudiengänge im Bereich Marketing sowie als deren Geschäftsführer. Und schließlich als Chef eines Kölner Beratungsunternehmens. Seit 2012 vernetzt Fretter außerdem als Präsident des Fachverbands für Fernlernen und Lernmedien, DistanceE-Learning, Fernlehrinstitute, Verlage und Autoren, die sich mit der Förderung des elektronisch unterstützten Lernens beschäftigen.
Die Idee, dass der Mensch lebenslang lerne, ist grundsätzlich nicht neu. Bereits Denker der Antike wie Konfuzius, Hippokrates, Pythagoras, Platon und Seneca haben sie thematisiert. Seit Anfang der 1960er-Jahre prägt das Konzept des Lebenslanges Lernen hierzulande die Bildungspolitik. Eine einheitliche Definition des Begriffs existiert zwar nicht, doch eint die verschiedenen pädagogischen Ansätze, die darunter fallen, im Kern die Vorstellung, dass der Mensch nicht zuletzt deshalb lerne, um sich an eine im Job stetig verändernde Umwelt anzupassen.
Derzeit sorgt die digitale Revolution für besonders gravierende Veränderungen am Arbeitsplatz. So sind einer Studie des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung zufolge 42 Prozent aller deutschen Jobs durch die Automatisierung bedroht. Und 65 Prozent der jetzt lebenden Kinder werden 2035 einer Schätzung zufolge in Berufen arbeiten, die es heute in dieser Form noch gar nicht gibt. „Wer beruflich dauerhaft erfolgreich sein will, kann auf lebenslanges Lernen also nicht verzichten“, fasst Fretter zusammen.
Besonders hoch im Kurs, so Fretter, stehen Bildungsmaßnahmen, die unter die Begriffe „Selbstfindung“ und „Selbstoptimierung“ fallen und deren Ziel es ist, das eigene Handeln besser zu verstehen. „Das geht vom Achtsamkeitstraining bis hin zum Erwerb von Beratungskompetenzen. Von Arbeitnehmerseite aus gewinnen die Themen ,Learning on the Job‘ und ,Snack-Wissen‘ an Bedeutung. Sie tragen der rasch fortschreitende Digitalisierung Rechnung, die keine allumfassende Grundausbildung mehr erfordert, sondern eine Basisqualifikation mit passgenauen Weiterbildungen.“ In den Betrieben werden Mitarbeitende auf neue Robotersysteme und Software-Varianten geschult. E-Learning-Projekte im Rahmen von digitalen Bildungsprozessen können in Form von Videos Wissen über die Google-Datenbrille einspielen. Ein Mitarbeitender oder eine Mitarbeitende in einer Fabrik studiert auf diese Weise etwa neue Handgriffe bei der Reparatur ein.
Bei der Suche nach einem geeigneten Weiterbildungsangebot empfiehlt sich zunächst eine einfache Recherche im Internet. Lehrangebote, die der beruflichen Weiterbildung dienen, benötigen in Deutschland eine staatliche Zulassung, und diese gilt durchaus als Qualitätssiegel. Außerdem gibt es viele Portale, auf denen Teilnehmende ihren Lehrgang bewerten. „Das ist neben der Zulassung sicherlich ein weiterer wichtiger Indikator für das, was einen erwartet“, so Fretter.
Wer den Arbeitgeber auf eine Weiterbildungsmaßnahme ansprechen möchte, kann dies während eines Gesprächs im Rahmen der Personalentwicklung tun – gern bereits als Berufsanfänger, Berufsanfängerin oder beim Arbeitseinstieg in die Firma. „Ein guter Arbeitgeber erwartet das heutzutage fast schon – also keine falsche Bescheidenheit!“, macht Mirco Fretter Mut. Denn Fortbildungen sind keine Sonderwünsche. Sie spiegeln vielmehr das Bestreben aller nach gemeinsamen Erfolg.
Von den weiterqualifizierenden Maßnahmen profitieren Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen. „Weiterbildungen erhöhen den Marktwert der Mitarbeitenden, und hoch qualifizierte Mitarbeitende an das eigene Unternehmen zu binden ist sicherlich der Wunsch aller Betriebe. Außerdem erleben wir gegenwärtig die Situation, dass sich besonders gut ausgebildete Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihr berufliches Umfeld selbst aussuchen können. Entsprechend wird der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin sicherlich auf entsprechende Vorstellung der Angestellten eingehen.“
Wie wichtig Fortbildungen für alle Beteiligten sind, verdeutlicht das Thema Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM). Denn eine falsche Sitzposition, ein in einem ungünstigen Winkel aufgestellter Computerbildschirm, zu wenig Bewegung oder ein überzogenes Arbeitspensum führen zu Verspannungen, Rückenschmerzen und Stress. Sie münden im schlimmsten Fall in Bandscheibenvorfälle oder Burn-outs. Mirco Fretter: „Wenn wir daran denken, dass Krankheitstage der deutschen Wirtschaft jedes Jahr einen Schaden von ungefähr 75 Milliarden Euro bescheren, muss ich im Job eigentlich gleich am ersten Tag mit einer BGM-Weiterbildung beginnen.“